Treffen der Bürger- und Heimatvereine in Hagen

von Karin Hufnagel

Nach den Grußworten hielt Herr Dr. Wolfgang Willmann als Vorstandsmitglied des Fördervereins WasserEisenLand e.V. einen Vortrag. Er erläuterte dazu, dass Wasser und Eisen jahrhundertelang die Landschaft und die gewerbliche Entwicklung in Südwestfalen geprägt haben. Schon lange vor der industriellen Revolution im Ruhrgebiet sei in Südwestfalen schon fleißig produziert worden. Dieses Gebiet beherberge auch heute viele national oder international tätige Unternehmen, deren Anfänge in die frühindustrielle Zeit zurückverfolgt werden können.

Um Standorte dieser frühindustriellen Entwicklung für die Nachwelt zu erhalten bzw. Institutionen, die sich um die Erhaltung dieser Industriedenkmäler verdient machen, zu unterstützen, habe sich der Verein gegründet und sich zur Aufgabe gemacht, bei der Ideenfindung und Erstellung musealer Konzepte zu beraten. Er begleitet die museums-pädagogische Arbeit und hilft, die touristischen Infrastrukturen rund um die technischen Denkmäler zu verbessern und unterstützt bei der Öffentlichkeitsarbeit.

WassserEisenLand e.V. ist Herausgeber der Übersichtskarte über Technik-Erlebnisse in Südwestfalen, mit 30 Standorten von Burg Altena bis zur Wendener Hütte (www.wassereisenland.de).


Nach dem interessanten Vortrag von Dr. Willmann nahmen die Teilnehmer die Elbershallen in Augenschein (www.elbershallen.de). Hierbei handelt es sich um einen Teil des Firmengeländes der ehemaligen Baumwolltextilfabrik Elbers. Die 1822 gegründete Fabrik liegt im Zentrum von Hagen und war für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt von großer Bedeutung. Da die im Umkreis vorhandenen Arbeitskräfte für die Fabrikation nicht ausreichten, baute Elbers bereits um ca. 1860 auf der anderen Seite der Volme eine große Arbeitersiedlung, das sogenannte Hessenland, da die Arbeiter zu großen Teil aus dem Raum Kassel kamen.

 

Nach einer Vielzahl von Aus- und Umbauten kam es während des 1. Weltkrieges wegen der Repressalien gegen Deutschland und die damit in die Höhe schießenden Baumwollpreise zu einem ersten Einbruch. Elbers musste die Kapazität auf 1/3, zeitweise sogar auf 1/4 senken. Zwischen 1919 und 1921 wurde der Betrieb wieder in Gang gebracht. Zu einem ersten „Aus“ für Elbers kam es in den zwanziger Jahren mit der Weltwirtschaftskrise. Elbers hatte Baumwolle zu teuer eingekauft und konnte nicht mehr wettbewerbsfähig produzieren. Nur die Produktion bedruckter Dekorationsstoffe konnte gerettet werden. In dieser Zeit wurde auch das halbe Betriebsgelände verkauft.

 

 

Im zweiten Weltkrieg wurde ein großer Teil der Produktionsmittel zerstört. 1947 nahm man mit nur einer Druckmaschine die Produktion wieder auf. Wieder wurde ein Teil des Betriebsgeländes verkauft und ging nach Vermittlung des Hagener Oberbürgermeisters Fritz Steinhoff an die EDEKA. Auf diesem Teil des Geländes wurde Anfang der sechziger Jahre ein Straßenbahndepot gebaut, später zum Busdepot umgebaut. Heute ist dieses ehemalige Depot ein großes Parkhaus.

Elbers produzierten weiter. Aber rückläufige Konjunktur, schlechte Zahlungsmoral der Kunden und immer kurzfristigere Modewechsel auch bei Dekostoffen und Heimtextilien machten dem Betrieb das Leben schwer. Als dann auch noch Unterschlagungen durch die Chefbuchhalterin in Millionenhöhe dazu kamen, musste 1996 Konkurs angemeldet werden.

Der Initiative und dem Engagement verschiedener Privatpersonen ist es zu verdanken, dass die Bauten unter Denkmalschutz stehen und sich hier „neues Leben“ angesiedelt hat. Im ehemaligen Verwaltungsgebäude hat die Städtische Musikschule Hagen ihr Domizil. In den anderen Gebäuden befinden sich Restaurants, eine Diskothek, und eine Spielhalle für Kinder. Im Maschinenhaus der einstigen Weberei, das wegen seines Äußeren auch Kapelle genannt wird, wird ab September 2011 das Theater an der Volme zu finden sein. Das Kesselhaus mit deinem 85 m hohen Schornstein ist zurzeit noch eine Ruine

Es soll demnächst durch die Kirche als Kletterzentrum für Kinder und Jugendliche genutzt werden.

 

Nach dem interessanten und informativen Rundgang fanden sich alle Teilnehmer wieder im Restaurant „Artischocke“ ein. Nach einem guten Mittagessen waren alle für neue Eindrücke gerüstet.

 

Mit zwei Bussen ging es zum Theater Hagen (www.theater.hagen.de). Die Außenfassade wird zurzeit saniert, damit das Theater pünktlich zu seinem hundertsten Geburtstag in neuem Glanz erstrahlt.

Wir konnten – verteilt auf drei Gruppen – den Theatersaal, die Bühne, die verschiedenen Werkstätten und die Kostüm-Bildnerei besichtigen. Das Theater Hagen verfügt über ein festes Musiktheater-Ensemble, welches die Sparten Oper, Operette, Musica und Ballett bedient. Zudem gibt es vereinzelte Schauspiel-Eigenproduktionen. Das Sprechtheater wird zudem durch Gastspiele abgedeckt.

Herr Jürgen Pottebaum, der die Gruppe durchs Theater führte, erzielte erhebliches Erstaunen mit der Aussage, dass aktuell ca. 300 Personen beim Theater Hagen beschäftigt seien. Als Theaterbesucher macht man sich oft keine Vorstellungen davon, wie viel Arbeit und wie viel Arbeitskräfte es braucht, um so ein Unternehmen zu stemmen. Launig erzählte er, dass er auch immer wieder gefragt würde, war er denn tagsüber so mache. Das im Theater für viele Bereiche schon um 7:00 Uhr die Arbeitszeit beginnt, ist vielfach unbekannt. Ebenso staunten die Teilnehmer über die Angaben zu den Verdienstmöglichkeiten. Herr Pottebaum erläuterte, dass die meisten Solo-Künstler einen Brutto-Verdienst zwischen 2200 € und 2400 € monatlich erzielen, dafür aber grundsätzlich – bis auf die sechswöchigen Theaterferien – immer einsatzbar sein sollen und sich per Urlaubsschein abmelden müssen, wenn sie sich mehr als 50 km von Hagen entfernen wollen. Auch hier hatten wohl fast alle bisher wohl völlig falsche Vorstellungen.

Besonders interessant war auch das eher zufällige Zusammentreffen mit Herrn Werner Hahn. Herr Hahn ist neben seiner Tätigkeit als Solist im Musiktheater auch Leiter des im Theateranbau beheimateten Kinder-und Jugendtheaters „Lutz“.

Seine Ausführungen, warum es überaus wichtig ist, Kinder- und Jugendliche nicht nur mit Theater zu unterhalten, sondern zu Mitmachen anzuregen, waren nicht nur allen nachvollziehbar, sondern die von ihm gezeigte Begeisterung bei diesem Thema wirkte überaus ansteckend.

Nach dem interessanten Rundgang fanden sich alle im Theater-Cafe zu einer stärkenden Tasse Kaffee und Kuchen ein.

Zum Abschluss gab es dann noch eine kleine Stadtrundfahrt mit einem kleinen Zwischenstopp am Osthaus Museum und dem Besuch des Hohenhofs.

Karl Heinz Osthaus war ein bedeutender Kunst-Mäzen, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts versuchte, mit seinem Folkwang-Gedanken Kunst und Leben miteinander zu verbinden. Er ließ in Hagen ein Museum bauen und initiierte den von international renommierten Künstlern entworfenen Bau einer Arbeitersiedlung als Gartenstadt-Projekt. Sein Wohnhaus, der Hohenhof, wurde von Henry van de Velde erbaut. Nach Neo-Klassizismus, Neo-Renaissance u.a. wurde hier Wert auf „schnörkellose“ Architektur gelegt. So wurde von ihm und seinen befreundeten Künstlern wie van der Velde aber auch Walter Gropius Jugend- und Bauhausstil verbreitet. Eine Entwicklung, die auch unter dem Schlagwort „Hagener Impuls“ bekannt ist.

 

Um 17.45 Uhr traten wir die Heimfahrt an. Der Tag brachte uns viele neue Eindrücke, viel Wissenswertes und die Erkenntnis, dass Hagen eine Reise wert ist. Wir sind entschlossen, auch privat wiederzukommen um uns den Hohenhof auch einmal von innen anzusehen, aber auch um an einerAufführung des Theaters teilzuhaben. Irgendwie ist es nach unserem Dafürhalten ein besonderes Gefühl, in einer Aufführung zu sitzen und auch „die andere Seite“ kennengelernt zu haben.

Neben den Eindrücken und Vorträgen blieb aber auch Zeit, um mit den Mitgliedern anderer Bürger- und Heimatvereine ins Gespräch zu kommen.

 

 

Der Dank geht an den Hagener Heimatbund als Ausrichter dieses schönen Tages, alle Beteiligten und auch an pro Ruhrgebiet, das durch seine Unterstützung diese Treffen möglich macht.

 

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